Themen
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befreites Schreiben
RH beschreibt sein Schreiben als "Autismus des befreiten in-mich-selbst-hinein-Schreibens" (RET II, 157). Er erlebt sein Schreiben als "erhebende Selbsterfüllung" (PIV II, 84), als "erfülltes Dispositionsbewusstsein in Intellektualität" (TDN, 133). Das "primärprozessuelle Schreiben" im Morgengrauen unmittelbar nach dem Erwachen ist für ihn die Produktion einer "göttlich sichselbstschreibenden Schrift" (ebd.).
RH erfährt sich schreibend als "immanent bergende Selbsttranszendenz, wie eine todesnichtende Gotteserfahrung" (PIV VI, 183).
Sein authentische Schreiben ist eine Austragungsform des Absolutheitsphantasmas, eine selbstermächtigende Todesusurpation: "Nicht selten morgendlich streift mich ein eschatologischer Todeshauch, der da besagt: Du bist derart dicht bei Dir schreibend angekommen, daß es Zeit wäre, zu sterben." (PGS XII, 95)
Das normale Schreiben schließt sich ab in Schrift als Mortifikat (Ding), während das " befreite" Schreiben seinen Ort im Übergang von Körper zum Ding hat, in der " Todesfuge" (" Leichenfuge"), wo der Schrecken haust. Vielleicht lässt sich von daher verstehen, warum RH beim Schreiben den Oberkörper entblößen muss: " ... entblößte gerne dazu mindest den Oberkörper – außerdem Element meiner Schreibenspositur ..." ( PIV II, 140). Dieser " Torsoexhibitionismus" (ebd.) ist ein Trotz des Körpers gegen den Übergang in Dinglichkeit beim Schreiben.
Ingesta malefica. Zu einigen philosophischen Fragen, die jedweder Theorie und Therapie der Nahrungsmittelallergie vorausgehen müßten; in: Retro III (1995-2005), 157
Miniatur über ein Augenleiden; in: Pathognostische Interventionen II, 84
Der Mode »letzte Dinge«. Psychoanalyseherkünftiges zur permanenten Vogue; in: Pathognostische Interventionen II, 140
Die Armut der res cogitans. Innenansichten einer viszeral-chirurgischen Operation; in: Todesnäherungen, 133
Fortschreibungen; in: Pathognostische Interventionen VI, 183
Annuarium-suite 3; in: Pathognostische Studien XII, 95
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Anschlüsse
Ein seltsamer Distanzverlust, eine todesusurpatorische Selbsterhöhung, eine narzisstische Größenphantasie, die sich in eine Nähe zur Mystik bringen lässt.
Was ist dieser Abgrund, in dem sich das Schreiben vollzieht und in dem der Gott wohnt? Es ist der Übergang vom Körper zu den Dingen, der "Opfertransit".
Maurice Blanchot, Thomas der Dunkle, 102f.:
"Ich entdecke mein Sein in dem schwindelerregenden Abgrund, wo es nicht ist; Nichtvorhandenheit; in der Nichtexistenz wohnt es wie ein Gott. Ich bin nicht, und doch dauere ich; eine unerbittliche Zukunft breitet sich unendlich weit vor diesem unterdrückten Sein aus. Vor der sie mitschleppenden Zeit wandelt sich die Hoffnung in Entsetzen. Alle Gefühle strömen aus sich selbst heraus, und zerstört wie abgeschafft stürzen sie in dem Gefühl zusammen, das mich durchströmt, das mich erschafft und abschafft und mich, mittels gänzlicher Abwesenheit von Gefühl, meine Wirklichkeit in Form des Nichts grauenvoll spüren läßt."
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